Im Österreich des Jahres 1936 blickt kaum zwei Jahre vor dem „Anschluss“ an das Deutsche Reich unter Hitler der 50-jährige Leonidas stolz auf sein bisheriges Leben zurück. Sein Vater war ein armer Gymnasiallehrer. Der tanzbegeisterte Sohn, der im ererbten Frack hervorragende Figur machte, ist durch die Heirat mit der bildhübschen Millionenerbin Amelie Paradini in die höchsten Kreise Wiens aufgestiegen. Als Sektionschef im Unterrichtsministerium gehört er zur politischen Elite des Landes.
An seinem Geburtstag erhält er einen Brief, geschrieben in einer blassblauen Frauenschrift. Es ist ein Brief von der Jüdin Vera Wormser, der Liebe seines Lebens. Eine kurze, aber heftige Liebesaffäre vor 18 Jahren in Heidelberg verbindet die beiden. Nun schreibt Vera, die sich gerade in Wien aufhält, bevor sie eine Stelle in Montevideo antritt, dass ein „begabter, junger Mann von 17 Jahren“, allem Anschein nach sein Sohn, in Deutschland „aus bekannten Gründen“ nicht mehr das Gymnasium besuchen könne. Sie bittet „den Herrn Sektionschef“ darum, ihm einen Platz in einer guten Schule in Wien zu verschaffen.
Leonidas ist wie vom Donner gerührt, liest den Brief auf der Toilette, um den neugierigen Blicken seiner Ehefrau zu entgehen. Er erinnert sich an Vera, ihre kurze Beziehung und vor allem an seine Lügen, – und sein schlechtes Gewissen erwacht.
Im ersten Moment möchte er mutig sein, sich zu seiner Liebe und seinem „in hohem Maße israelitischen“ Sohn bekennen. Bei einer Kabinettsrunde gefährdet der ansonsten opportunistische Beamte sogar seine berufliche Stellung, als er sich, gegen den Geist der Zeit, für einen jüdischen Universitätsprofessor einsetzt.
Statement of Responsibility:
Franz Werfel
Year:
2015
Publisher:
Frankfurt/M., Fischer Taschenbuch Verl.
Articles:
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ISBN:
978-3-596-29308-7
Description:
21. Aufl., 154 S.
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